Eine abendliche Schwejkiade

Oktober 2014
Jaroslav Hašek satirischer Roman „Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk“ um die Erlebnisse des böhmischen Hundehändlers Josef Schwejk im Ersten Weltkrieg gehört zu den unvergänglichen und zugleich amüsantesten Werken der Weltliteratur. Alles nimmt irgendwo in einer Prager Hinterhofgaststube mit einem blöden Kommentar Schwejks zum Tode des Kronprinzen Franz Ferdinand seinen Lauf und bringt den tollpatschigen Protagonisten über Umwege direkt an die Front, die er aber mit dem Glück des vermeintlich Einfältigen in letzter Sekunde vor dem Standgericht übersteht… Mit viel Witz und Phantasie erzählt Helmut Thiele einige schelmische Abenteuer, die zum Sinnbild des Widerstandes gegen jegliche Obrigkeit wurden. Man lacht über die Naivität des Protagonisten, über seine Einfältigkeit und seine absurde Sprachkomik. Aber so blöde ist der Schwejk nicht, auch wenn es ihm amtsärztlich attestiert wurde. Er hat vielmehr etwas Anarchistisches, Subversives an sich… und er ist es, der die Komik der Kriegshetze jener Zeit demaskiert. Hinzu kommen Auszüge aus der Schwejk-Oper Robert Kurkas für kleines Bläserensemble, die bisweilen den Tonfall Schwejks imitieren und mit vordergründiger Einfalt und grotesker Schlichtheit den abenteuerlichen Schwejkiaden unmittelbare Gestalt verleihen.

Konzerttermine und -orte

Fr, 24. Oktober 2014, 20.00 Uhr,
Lagerhalle, Café Spitzboden

Programm

Robert Kurka
»The Good Soldier Schweik Suite«, op. 22

Ausführende

Helmut Thiele, Sprecher
Bläserphilharmonie Osnabrück e.V.
Jens Schröer, Leitung

Zusammenarbeit

Thiele-Neumann-Theater
Lagerhalle e.V. Osnabrück
Büro für Friedenskultur der Stadt Osnabrück

Pressestimmen

„Szenische Lesung mit Livemusik lässt k. u. k. Monarchie kurzzeitig aufleben“
Neue Osnabrücker Zeitung, 27.10.2014

 

[…] Unter dem Titel „Also nach’ m Krieg um 6 Uhr Abend . . .“ wurde [eine szenische Lesung mit Livemusik] am Freitag als ein Beitrag der Veranstaltungsreihe „100 Jahre Erster Weltkrieg“ im Spitzboden der Lagerhalle aufgeführt. […] Im Internet war Schröer auf Noten des US-Komponisten Robert Kurka gestoßen. Der hatte aus Jaroslav Hašeks in den 1920ern entstandenem Romanfragment „Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk“ seine 1958 uraufgeführte Oper kreiert. Diese musikalisch-literarische Verbindung inspirierte Schröer und Thiele. Im Wechsel von Stücken aus Kurkas Opernsuite-Fassung und Thieles Vortrag einzelner Episoden wurde die untergegangene Welt der österreichisch-ungarischen k. u.k.Monarchie für zwei Stunden wiederbelebt. Überzeichnete Marschrhythmen, fröhliche Polkaklänge, vermischt mit schrägen Tönen, die an die Musik Kurt Weills erinnerten, gaben der Geschichte um den Prager Hundehändler Josef Schwejk in den Wirren des Ersten Weltkriegs den passenden Anklang. Mit seiner Mischung aus Naivität und Gewitztheit treibt der nämlich nicht nur Oberleutnant Lukasch in den Wahnsinn, sondern stillt auch die allzu weltliche Gier von Feldkurat Otto Katz nach Nussbranntwein oder betätigt die Notbremse auf der Eisenbahnfahrt ins südböhmische Budweis. Stimmlich schöpfte Thiele aus dem Vollen, verpasste dem braven Soldaten Schwejk den typischen böhmischen Zungenschlag, ließ Wirt Palivec über Kaiser und Erzherzog poltern. Dass sich Schwejk vor Kriegswirren und Standgericht retten kann, verdankt er nicht zuletzt seiner vordergründigen Einfalt. Wie es der Soldat aus dem Mund Thieles ausdrückte: „Melde gehorsamst: Ich denk überhaupt nicht.“