„Politik ist stärker als Liebe“
Online Musik Magazin, 25.01.2013
„Wie man das musiktheaterbegeisterte Publikum bei diesen frostigen Temperaturen mit einer herzigen, italienschen Liebesgeschichte aufwärmen kann, zeigt das Theater Osnabrück mit seiner neuen, beeindruckend stimmigen Produktion: einer unterhaltsamen, humorvoll untermalten Inszenierung von Donizettis L’elisir d’amore. […] Regisseur Guillermo Amaya verlegt die Handlung ins ländliche Italien der 1950/60er Jahre, wo der junge Nemorino vergeblich um die Zuneigung der kapriziösen Molkereichefin Adina wirbt. L’elisir d’amore ist hier keine Flasche Bordeaux, sondern ein alkoholischer „Zaubertrank“ namens White Russian, ein Mix aus überwiegend Schnaps und Milch. Amaya würzt die Geschichte mit kleinen witzigen Einlagen, ohne den romantischen Charakter zu schmälern. […] Auch musikalisch überzeugt die Darbietung unter der umsichtigen Leitung Daniel Inbals. Zu einem engagierten Sängerensemble und rhythmisch beschwingt aufspielenden Osnabrücker Symphonieorchester gesellen sich ein sängerisch und schauspielerisch bestens aufgelegter Chor und Extrachor, der homogen und textverständlich auch die beschleunigenden Finali meistert, und im zweiten Akt Blechbläser der Bläserphilharmonie Osnabrück auf der Bühne. Marie-Christina Haase, die in der besuchten Vorstellung die Rolle der Adina sang, stellt eher eine kapriziöse, denn empfindsame Adina dar. Sie kultiviert ihre schlank geführten Koloraturen und lupenreinen Spitzentöne soubrettenhaft mit neckischem Augenklappern. Tina Cowling übernahm in dieser Vorstellung die konkurrierende, nach Liebe suchende Gianetta. Bariton Daniel Moon ist ein mit Kraft, Koloraturen und Verzierungen selbstverliebt prahlender Sergeant Belcore, Genadijus Bergorulko ein buffonesk und virtuos plappernder Dottore Dulcamara. Besonderes Lob gilt Jacques Freyber, der an der Seite Dulcamaras für die buffoneske Untermalung sorgt. Star des Abends war der erst 26 Jahre alte, anrührend spielen- und singende Tenor Davide Guisti, der kurzfristig für den erkrankten Daniel Wagner die Rolle des naiven Nemorino übernahm. Kraftvoll, mit Träne und italienischem Schmelz wusste er auch gegen Ende des zweiten Aktes noch dynamisch differenziert, mit lyrischer Wärme das Publikum in „Una furtiva lagrima“ zu begeistern. Fazit: Eine unterhaltsame, humorvoll gewürzte Inszenierung und musikalisch ansprechende Darbietung.“
„Commedia dell’arte im 20. Jahrhundert“
Opernfreund, 23.01.2013
[…] Die Regie fügt, um etwas Abstand zu generieren, Traumszenen ein – denn ganz glaubwürdig ist es ja nicht, dass die gestandene Adina dem hergelaufenen Belcore gleich ihr Jawort gibt. Im zweiten Akt wird dann schon Hochzeit gefeiert. Der ewig plappernde Quacksalber ganz im Stil des Doktors der commedia dell’arte führt dazu mit seinem Adlatus ein Rollenspiel auf. Dazu tritt noch eine Blaskapelle auf, die das Geschehen mit Misstönen kommentiert (Bläserphilharmonie Osnabrück e.V.) Nun ist allgemein bekannt, dass Adina und Nemorino sich finden, der Offizier Belcore mit seinem Stoßtrupp abzieht (um sich wohl anderswo wieder eine Adina zu suchen) und der Quacksalber Süßbitter (Dulcamaro) mit seinen Tinkturen und seinem einprägsamen musikalischen Thema ins nächste Dorf zieht. Vielleicht kann er dort wieder Elixire verkaufen, um seiner permanenten Geldknappheit zu wehren. – Gekonnte Personenführung und viele gelungene Regieeinfälle lassen in dieser gelungenen Regiearbeit keine Sekunde der Langeweile aufkommen. […] Großer Beifall aus dem sehr gut besuchten Haus belohnte alle Mitwirkenden für ihre ansprechende Leistung. Der Liebestrank steht bis zum 16. Mai noch acht Mal im Spielplan; ein Muss für Freund hochklassiger musikalischer und szenischer Unterhaltung.